Observation und Zugriff

Holsterwerk Team:

„Gibt es Situationen in denen ein Hundeführer überhaupt seine Schusswaffe ziehen muss, da er in erster Linie doch mit seinem Hund Arbeitet ?“ 

 

Stefan:

„Ja, diese Situationen gibt es bzw. kann es immer geben und darüber sollte sich JEDER bewusst sein. Ein Diensthund ist ein, wenn er gut ausgebildet wurde, fantastisches Einsatzmittel. Nicht aber ein Allheilmittel. Als Diensthundführer bin ich durch aus häufig allein mit Hund unterwegs. Mich hält es nicht davon ab trotzdem Kontrollen etc. zu machen, da ich nach wie vor an Recht und Gesetz gebunden bin. Beim Feststellen von Straftaten bzw. dem Verdacht MUSS ich also handeln. Im Alltag heißt das, dass ich wie alle anderen Kollegen auch Verkehrskontrollen durchführe, Knöllchen schreibe, etc. Als AddOn habe ich den Hund dabei. Der sitzt bei uns leider im Kofferraum und springt nicht einfach mal so auf Knopfdruck hinten raus. Wenn es die Lage erfordert bzw hergibt nehme ich ihn auch gleich mit dazu. Denn häufig wirkt so ein Vierbeiner durch aus „beruhigend“ bzw deeskalierend auf das polizeiliche Gegenüber. Einen Knüppel oder nen bissel Pfeffer nehmen viele gern in Kauf, ein Faustkampf eben auch, aber sich von einem ausgebildeten Diensthund festhalten lassen wollen eben nur die wenigsten.“

 

Holsterwerk Team :

„Wie trainierst du den Umgang mit Waffe und Hund und welche Rolle spielt dabei ein Holster?“

 

Stefan:

„Ich kann wie bei allen Fragen nur für mich persönlich bzw. meine Erfahrungen und den Anspruch an mich selbst berichten. Der Anspruch an mich und meinen Hund ist allerdings hoch.

Ich übe natürlich taktisches Vorgehen, mit Hund zwischen den Beinen. Sieht total toll aus und gibt dem Hund eine weitere Aufgabe. Sicherlich gibt es reichlich Hundeführer die glauben, in der Realität würde es genauso ablaufen. Das ist aus meiner Sicht vollkommen falsch. Wenn man sich mit Fachleuten unterhält die durchaus mal in Feuergefechte gekommen sind, wird jeder folgende Antwort geben; „das letzte was du da willst sind 38kg Hinderniss zwischen den Beinen.“ Da geht es dann um das nackte Überleben, um Schnelligkeit, Agilität, Reaktion. Da will ich meinen Hund nicht zwischen meinen Beinen haben.

Im Training mit nem 60er Puls ist das alles schön und gut, in der Realität mit Tunnelblick Stress und 180er Puls ist das was anderes. Das müsste man dann ja ebenfalls üben. Fakt ist, mein Hund soll das Geräusch und den Bewegungsablauf kennen. Möglichst Neutral zu von mir und von Kollegen abgegebenen Schüssen sein. Dafür üben wir, getreu dem Motto „Train or die“. Ziehen und wegstecken mache ich immer wieder. Den Knall muss der Hund ebenso abkönnen und den trainiere ich ebenfalls, eben mit einer Gaspistole. Der Hund ist dabei an meinem Gürtel eingeklippst. Ob er dann neben mir, nen Schritt vor oder hinter mir ist, ist mir vollkommen egal. Das sehe ich bei allen realitätsnahen Übungen so. Auf dem Hundeplatz, in der Unterordnung, da ist es etwas anders. Da hat er an einer festen Postion zu laufen.“

 

Holsterwerk Team:

„Welche Art von Holster wird von dir benutzt?“

 

Stefan:

„Ich habe vor vielen Jahren ein Beinholster eines großen Herstellers angeschafft. Das war zur damaligen Zeit das Non plus Ultra neben einem weiteren großen Hersteller. Das hatte ich privat angeschafft und ziemlich gegen jede Regel verstoßen. Es wurde auch etwas modifiziert, da es sonst viel zu tief hängt. Sieht cool aus ist aber Schwachsinn. Ein Oberschenkelholster soll am oberen Oberschenkel sitzen, die Hüfte wird natürlich entlastet aber es sollte nicht in der Kniekehle hängen. Fakt ist, damals hat sich mein Dienstherr nach vielen vielen Schriftstücken dazu bewogen genau dieses für die Fläche anzuschaffen. Mittlerweile gibt es durch aus andere, regionale Holsterhersteller auf die ich gerne dienstlich zugreifen würde.

Aus heutiger, Hundeführersicht, hat ein Beinholster einen klaren Vorteil:

Mehr Platz am Gürtel!!!! Sicher gibt es Kollegen die fast nix dabei haben, ich persönlich muss sagen, ich habe nix am Gürtel was ich nicht schon gebraucht hätte. Da sind die zweite Taschenlampe und ein zweites paar Handfesseln selbstverständlich. Mein Traum wäre eine Lichtmontage an der Waffe. Denn um auf Frage 1 zurückzukommen, bei einer Absuche, Stöberfährte in einer hohen Wiese oder im dunklen Wald bei Neumond habe ich eine Leine und eine Lampe in der Hand…. Da muss man sich sehr gut auf die Kollegen verlassen können. Im Gegensatz zu den Gesuchten wissen wir nie a) warum sind sie davon gelaufen und b) was haben sie dabei. Da muss man auf alles vorbereitet sein.“

 

Holsterwerk Team:

„Da du ja einer unsere Tester für unseren neuen Ballkeeper warst, wie bindest du den Ballkeeper in dein Training ein?“

 

Stefan:

„Zu erst einmal, ich finde das Teil absolut KLASSE!!! Geile Idee und schön umgesetzt. Ich nutze ihn NUR zur Rauschgiftsuche.

In den Übungen sowie in den Echtlagen ziehe ich die Koppel aus und holstere um. Die Tatorte sind immer sicher und wenn wir Rauschgift suchen sind wir dort nie alleine. Genau dann kommt der Ballkeeper an zum Einsatz. Der Hund kennt ihn und seinen Ball und weiß, dass er Rauschgift anzeigen muss um den Ball zu bekommen. Früher steckte der Ball immer in meiner rechten Beintasche. Mit Handschuhen und Mütze. Nach der ersten Bestätigung und dem Wegstecken des Balls in die Tasche war quasi ALLES voll mit Hundesabber.

Und ne nasse Mütze bei kalten Temperaturen ist nicht cool.

Mit dem Ballkeeper ist der Ball im Bruchteil von Sekunden erreichbar und ich kann den Hund klasse bestätigen, den Ball aber genau so einfach wegstecken.“

 

Holsterwerk Team:

„Nutzt du den Ballkeeper auch im täglichen Dienst?“

 

Stefan:

„Ja wie oben Beschrieben aber eben nur zum Suchen nach Rauschgift. Alles andere hat der Hund anders gelernt und interessiert sich nicht für Bälle, Beißwürste etc. Da zählt nur das Gegenüber.“ 

 

Holsterwerk Team:

„Welche Rolle spielt Rígr in deinem täglichen Dienst und wie kannst du ihn einsetzen?“

 

Stefan:

„Da habe ich schon fast vorgegriffen, er ist immer bei mir. Egal wo ich aufschlage ist Rígr mit dabei. Er ist bester Freund, verlässlichster Streifenpartner und Kollege zugleich. Ich setze ihn nur ein, wenn ich auch weiß, dass er als Gewinner aus der Situation heraus kommt. Sprich er ist unglaublich gut ausgebildet. Aber genau deshalb kenne ich eben auch seine Schwächen und Grenzen. Nur wer die kennt, kann sein Einsatzmittel entsprechend einsetzen. Einem Freund aus Österreich habe ich folgendes Beispiel genannt:

Die P30 ist super auf 0 bis 15m, danach braucht es schon viel Übung und auf 50m… naja, mehr Glück als Können. Da greift man eben auf die Langwaffe zurück. Wenn man das weiß macht man das, wenn man glaubt die P30 ist ein Allheilmittel macht man die Magazine leer ohne Trefferwirkung. So ist es beim Hund auch, ich kenne Lagen die der Hund aufgrund äußerer Einflüsse nicht schaffen kann oder aber schon mal Schwächen im Training gezeigt hat. Dementsprechend muss ich die Lage einschätzen bzw. bewerten. Schicke ich den Hund in eine Situation die er nicht lösen kann, habe ich danach evtl keinen oder einen verletzten Hund. Dessen muss man sich bewusst sein und daher trainieren wir auch viele „unrealistische“ Szenarien um herauszufinden wo die Grenzen sind.

Im Dienst nehme ich ihn aber zu allem mit was mit vielen Menschen, gewaltbereitschaft etc zu tun hat. Ob er dann eingesetzt wird steht auf einem anderen Blatt. Grundsätzlich gilt; Haben ist besser als brauchen. Wenn ich ihn brauche und er im Auto schlummert habe ich als Hundeführer die Lage falsch eingeschätzt.“